Katrin Kahlke (NDR). Im August 2021 ging für Springreiter André Thieme der große Traum endlich in Erfüllung: Bei den Olympischen Spielen in Tokio ritt der Mecklenburger zum ersten Mal bei einem großen Championat für Deutschland. Als erster Reiter aus den neuen Bundesländern. Ein besonderer Moment für Thieme, der sich selbst als „Patriot“ bezeichnet. Allerdings endete die Premiere für den Profi aus Plau am See mit Platz neun im Teamwettbewerb enttäuschend.
Jahrelang hat der 47-Jährige auf diesen Start hingearbeitet. Und während einige Reiterkolleg*innen mitunter den Eindruck vermitteln, eine Europameisterschaft oder Weltmeisterschaft seien eher lästige Pflichtaufgaben, kann Thieme es kaum erwarten, für Deutschland aufzusatteln. Zu verdanken hat er das seinem Top-Pferd Chakaria. Mit der Fuchsstute hat der dreimalige Derbysieger von Hamburg endlich die perfekte Partnerin gefunden. Er liebe sie fast so wie seine Ehefrau Corinna, hat Thieme einmal im Scherz gesagt. Angeblich wurde ihm schon einmal ein siebenstelliger Betrag für das Pferd geboten. Aber Chakaria ist für André Thieme unverkäuflich.
Die „Sportclub Story“ hat André Thieme im Jahr der Weltmeisterschaft und bei der Vorbereitung auf die Titelkämpfe im dänischen Herning begleitet und dabei ganz private Einblicke bekommen.
Der Springreiter aus Plau am See verdient sein Geld nicht nur im Sattel seiner Top-Pferde. Er ist auch Ausbilder und Pferdehändler. In Karow unterhält Thieme zusammen mit Angestellten einen Reitstall. Während viele Reiterkolleg*innen Mäzene oder Gönner im Hintergrund haben, fliegt Thieme seit Jahren in die USA. In der „Pferdehauptstadt“ der USA, Ocala/ Florida verbringt er jedes Frühjahr mehrere Wochen, verkauft Pferde und reitet bei hochdotierten Turnieren. Mit sechs Pferden ist der Profi auch 2021 über den Großen Teich geflogen. Natürlich war Chakaria mit dabei. Sein Top-Pferd half ihm auch, die Olympia-Enttäuschung wegzustecken. Zusammen wurden sie im September 2021 Europameister. Thieme feierte den bisher größten Erfolg seiner Karriere. Dass ihm das gelungen ist, bietet Stoff für einen Hollywoodfilm.
André Thieme ist geboren und aufgewachsen in der DDR. Sein Vater Michael war auf dem Landgestüt Redefin in Mecklenburg-Vorpommern Obersattelmeister. Und natürlich musste auch der Sohn rauf aufs Pferd und erst einmal Dressur reiten. Nach zehn Siegen in der schweren Klasse durfte André umsatteln und Springreiter werden. Er machte eine Lehre zum Pferdewirt und ein Praktikum in den USA. Für Thieme „ein großartiges Land“, aber Deutschland verlassen würde er nie. Und vermutlich wäre er auch schon früher für sein Heimatland bei einer WM oder EM gestartet, wenn er nicht eines seiner Top-Pferde, Contanga, kurz vorher an eine Milliardärstochter verkauft hätte. Mit Chakaria will André Thieme bei den Weltmeisterschaften im Juli im dänischen Herning zum großen Sprung ansetzen. Ein Jahr nach seinem Championatsdebüt für Deutschland.
Foto: Sportclub Story – André Thieme: im Sattel für Deutschland/NDR.de © NDR