Pferde im Straßenverkehr- Abstandsgebot

Greifswald (stud. jur. Kati Spierling bei BECKER & JAAP Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Greifswald).

Das zurzeit trockene Spätherbstwetter sorgt dafür, dass viele Reiter vor der Hallensaison die Chance nutzen, um die letzten schönen Sonnenstrahlen bei einem Ausritt zu genießen. Meist ist man mit diesem Gedanken nicht allein und so passiert es nicht allzu selten, dass es zu Begegnungen mit anderen Verkehrsteilnehmern kommt.

Sachverhalt

Die Klägerin fuhr mit dem Fahrrad auf einem Gehweg. Auf selbigen Gehweg ritt der Beklagte mit seinem Pferd. Der Gehweg selbst war weder für Fahrradfahrer noch für Reiter freigegeben. Die Klägerin näherte sich dem Pferd von hinten und klingelte dabei, bevor sie zum Überholvorgang ansetzte. Infolge einer Berührung des Vorderreifens mit dem erhöhten Randstein stützte die Klägerin und brach sich dabei den linken Oberschenkelhals. Anschließend machte die Klägerin gegen den Beklagten Ansprüche aus Tierhalterhaftung sowie allgemeine deliktische Ansprüche geltend. Sie forderte u.a. Schmerzensgeld in Höhe von 25.000,00 EUR. Zwischen den Parteien war streitig, ob das Pferd während des Überholvorgangs in Richtung der Klägerin gezogen war und sie deswegen in Richtung des Randsteins ausweichen musste.

Entscheidung des Landgerichts

Das LG München (LG München I, Urt.- vom 19.10.2020- 19 O 6004/20) hat die Klage abgewiesen und entschieden, dass die Klägerin keinerlei Ansprüche gegen den Reiter geltend machen kann. Die Anhörung der Parteien ergab, dass der Unfallhergang nicht genau konstruiert werden konnte, so dass das Gericht zu Lasten der beweisbelasteten Klägerin entschied. Zudem könne die Klägerin keinen Anspruch darauf stützen, dass der Beklagte trotz des Klingelns nicht auswich, weil hierzu im konkreten Fall keine Verpflichtung bestand. Ebenso wenig war es rechtlich entscheidend, dass der Beklagte auf dem Gehweg ritt, da sich das bloße Reiten nicht bei der Unfallverursachung auswirkte. Da die Klägerin selbst verkehrswidrig handelte, kann sich sie eben nicht auf solch einen Verkehrsverstoß des Beklagten berufen.

Letztlich wies das Landgericht daraufhin, dass zu Pferden ebenso wie zu Radfahrern bei einem Überholvorgang ein Mindestabstand von 1,5 m -2 m einzuhalten sei, um auf unerwartete Reaktionen (des Pferdes) reagieren zu können.

Anmerkung

Das Urteil des Landgerichts ist noch nicht rechtskräftig, d.h. es läuft derzeit noch eine Rechtsmittelfrist. Verstreicht diese Frist, ohne das ein Rechtsmittel eingelegt wurde, wird das Urteil unanfechtbar und erlangt somit Rechtskraft.