Greifswald (stud. jur. Kati Spierling bei BECKER & JAAP Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Greifs-wald). Ein Pferd zu verkaufen oder neu zu erwerben ist immer ein gutes Gefühl. Damit das auch so bleibt, sollten die Vertragsparteien bei der Abwicklung darauf achten, was sie konkret im Kaufvertrag zugrunde legen.
Sachverhalt
Die Klägerin erwarb bei einer Auktion von der Beklagten ein Pferd als Reitpferd. Als nach einiger Zeit Rittigkeitsprobleme auftraten, focht die Klägerin den Kaufvertrag wegen arglistiger Täuschung an. Die Rittigkeitsprobleme würden auf Mängel im Skelett (sog. kissing spines) beruhen und sie verlangte vom Verkäufer Zug um Zug die Rückgabe des Pferdes gegen den Kaufpreis. Der zwischen den Parteien geschlossene Kaufvertrag umfasste keine Beschaffenheitsvereinbarung.
Entscheidung des BGH
Der Bundesgerichtshof (kurz BGH, Urteil vom 27.05.2020- VIII ZR 315/18) führte aus, dass es im vorliegenden Fall aufgrund der fehlenden Beschaffenheitsvereinbarungen auf die Möglichkeit der vertraglich vorausgesetzten Verwendung des Pferdes als Reitpferd ankäme. Hierbei sind die Anforderungen an die gesundheitliche Verfassung herabzusetzen, da es sich um ein Lebewesen handele. Der Verkäufer hat demnach, sofern keine anderslautende Beschaffenheitsvereinbarung getroffen wurde, nur dafür einzustehen, dass das Pferd bei Gefahrenübergang nicht erkrankt ist und sich auch nicht in einem Zustand befindet, bei dem mit baldiger Erkrankung zu rechnen ist. Nach Ansicht des Gerichts kann der Käufer eines lebenden Tieres nicht erwarten, dass er –ohne Beschaffenheitsvereinbarung- ein „Ideal- Pferd“ bekommt. Ein Pferd sei ein Lebewesen, das –anders als Sachen- mit individuellen Anlagen ausgestattet und dementsprechend mit sich daraus ergebenden unterschiedlichen Risiken behaftet sei. Im konkreten Fall führe auch der später festgestellte Kissing-spines-Befund nicht zur Widrigkeit des Vertrages, da die Einigung über ein unauffälliges Pferd ohne Beschaffenheitsvereinbarung getroffen wurde und nicht bekannt war, dass das Pferd daran bald erkranken würde.
Bedeutung in der Praxis
Treffen die Vertragsparteien im Rahmen des Kaufvertrags keine konkrete Beschaffenheitsvereinbarung, so haftet der Verkäufer nur für den Gesundheitszustand bei Gefahrenübergang. Wird hingegen eine Beschaffenheit vereinbart, so übernimmt der Verkäufer die Gewähr für das Vorhandensein der vereinbarten Eigenschaft an dem Pferd. Diese Grundsätze gelten nicht nur für physiologische Abweichungen vom Idealzustand, sondern auch für ein abweichendes Verhalten.